Was ist klimREG?
Dieses Webtool stellt Regionalplanerinnen und Regionalplaner die Ergebnisse des MORO-Forschungsprojektes KlimREG „Klimawandelgerechter Regionalplan“ in handlicher Form zur Verfügung. Dieses Webtool dient als Ideenpool zur Ausgestaltung regionalplanerischer Festlegungen, daher werden sowohl gängige Praktiken als auch innovative Lösungsansätze vorgestellt. Ziel ist die Unterstützung Ihrer Arbeit in ausgewählten Handlungsfeldern der Klimaanpassung.
Übergreifende Empfehlungen
Die übergeordneten Empfehlungen des KlimREG-Projektes stecken den Rahmen für wirkungsvolle Festlegungen zur Klimaanpassung ab.
Die Funktion der Regionalplanung besteht entsprechend Aufgabe und Leitvorstellung der Raumordnung (§ 1 ROG) darin, den Raum zu entwickeln, zu ordnen und zu sichern. Die Regionalplanung muss sich daher mit zwei unterschiedlichen Politikfeldern befassen: „einerseits kann sie regulativ, also mit rechtlichen Regelungen, die Raumnutzung restringieren und auf bestimmte Gebiete lenken, andererseits muss sie die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Kräfte einer Region unterstützen, die Entwicklung ihres Raumes kreativ und konstruktiv über kooperative Prozesse voranzutreiben“. Vertreter einer strategischen Regionalplanung streben an, die beiden Elemente regionalplanerischen Handelns – steuernde Elemente und prozesshafte Organisation – stärker zu verknüpfen.
Für die Klimaanpassung sind sowohl die Sicherungs- und Ordnungs- als auch die Entwicklungsfunktion relevant. Zum einen sind überörtlich bedeutsame Flächen mit ihren Funktionen für die Handlungsfelder der Klimaanpassung (Flächen für die Retention von Hochwasser und den Kalt- und Frischluftaustausch zwischen Stadt und Umland) langfristig zu sichern (Sicherungs- und Ordnungsfunktion). Zum anderen ist es erforderlich, dass die Regionalplanung in einem prozesshaften Vorgehen anstrebt, bestehende und zukünftige Gefahren infolge der klimatischen Veränderungen und ihrer Folgen zu verringern. Das erfordert auch, Flächennutzungen zu verändern (Entwicklungsfunktion). Ein Beispiel für die Entwicklungsfunktion im Zuge der Klimaanpassung ist, Flächen für die Retention von Hochwasser zurückzugewinnen. Die übergreifenden Empfehlungen zur Integration der Klimaanpassung in Festlegungen greifen dementsprechend auf die beiden Funktionen von Regionalplanung zurück.
Die Mehrzahl der Innovationen und Good Practices zielt auf die Sicherungs- und Ordnungsfunktion. Die Festlegungen dienen dementsprechend dazu, Freiflächen und ihre Funktionen langfristig für eine klimaangepasste räumliche Entwicklung zu sichern. Erfolgreich sind restriktive Regelungen, wenn die Regionalplanung Handlungen anderer Akteure, die den Festlegungen zuwiderlaufen, unterbinden kann. Ziele der Raumordnung verschaffen der Regionalplanung entsprechende Möglichkeiten. Weichen Planungen anderer Akteure vom Zielsystem des Regionalplans ab, ist eine durchsetzungsstarke Intervention in formalen Verfahren möglich. Grundsätze, die die Bauleitplanung in die Abwägung einbezieht, sind weniger durchsetzungsfähig. Gleichwohl können sie in solchen Fällen nützlich sein, in denen auf regionalplanerischer Ebene keine abschließende Entscheidung möglich ist. Auch stellen Vorbehaltsgebiete wichtige Informationen bereit. Verzichtet die Regionalplanung auf ihre Darstellung, kommt auf die Gemeinden ein höherer Aufwand zu, weil sie den objektiv gegebenen Belang selbst erheben müssen.
Die möglichen Wirkungen zukünftiger regionalplanerischer Festlegungen sollten bei der Planerstellung und -fortschreibung kritisch reflektiert werden, um mit durchsetzungsstarken Festlegungen Funktionen von Flächen zu sichern, die für eine klimagerechte Entwicklung der Region bedeutsam sind. Herauszuheben sind in dem Zusammenhang die multifunktionalen Grünzüge, die unterschiedliche Funktionen schützen, als durchsetzungsfähig angesehen werden und auch von nachfolgenden Planungsebenen anerkannt sind. Im Sinne der No-Regret-Strategie schützen sie verschiedene Funktionen von Freiflächen. Auch wenn die Klimawandelfolgen nicht in dem prognostizierten Maße eintreten, ist der Erhalt der Freiflächen damit aus anderen Gründen sinnvoll beziehungsweise eine angepasste Entwicklung ist zu einem späteren Zeitpunkt möglich.
Eine Kritik, die bereits in den 1970er Jahren an der Planung geübt wird, ist ihr weit umfassender Steuerungsanspruch. Auch für die gegenwärtige Planungspraxis ist die Kritik noch relevant. Die bundesweite Analyse regionalplanerischer Festlegungen identifizierte zahlreiche Plansätze, die den rechtlich definierten Kompetenztitel der Regionalplanung überschreiten. Damit verwenden die Regionalen Planungsstellen Ressourcen für die Entwicklung von Festlegungen, die oft nicht mal für ihr eigenes Handeln beim Planvollzug relevant sind. Eine Folge des Fehlens einer Schwerpunktsetzung auf prioritäre Handlungsfelder ist, dass die Regionalplanung Einflussmöglichkeiten verspielt. Drastischer formuliert es ein Aufsatztitel „If planning is everything, maybe it’s nothing“. Auch für Festlegungen zur Klimaanpassung ist damit der Rahmen der bundes-und landesrechtlichen Vorgaben entscheidend, das heißt die Regelungsinhalte sind am raumordnerischen Kompetenztitel sowie an Gegenständen, Rahmenvorgaben und mögliche Adressaten der Bindungswirkungen auszurichten.
Die Interviews mit Akteuren der Regionalplanung verdeutlichen, dass Anliegen der Klimaanpassung auch in Kooperation mit anderen Akteuren umgesetzt werden. Entsprechende Aktivitäten verfolgt beispielsweise der Verband Region Stuttgart im Handlungsfeld Siedlungsklima. Die Regionen verfolgen damit einen entwicklungsorientierten Ansatz und beschränken ihre Handlungen nicht nur darauf, bestehende Nutzungen zu sichern. Die Planungspraxis enthält damit auch in den Handlungsfeldern der Klimaanpassung Elemente einer kooperativen Regionalplanung, in der regionale Akteure unter wesentlicher Mit-Steuerung durch die Regionalplanung zusammenarbeiten, um regionale Gemeinschaftsaufgaben wahrzunehmen. Im Hinblick auf die Festlegungen ist relevant, dass Ziele und Grundsätze entsprechende Aktivitäten der Regionalplanung legitimieren können.
Besteht das Ziel von Festlegungen für eine klimagerechte Regionalentwicklung in der Entwicklungsfunktion, sollten strategisch Schwerpunkte auf prioritäre Handlungsfelder gelegt werden. Dabei sind die Aufgaben und die verfügbaren Ressourcen zu berücksichtigen. Als erfolgreich erweist sich ein kooperatives Vorgehen vor allem dann, wenn Themen aufgegriffen werden, die von den Gemeinden und den Fachplanungen nicht aufgegriffen, gleichzeitig aber als regional bearbeitungsbedürftig empfunden werden. Für die thematisierten Handlungsfelder der Klimaanpassung ist dies vor allem beim Schutz vor Hitze in Siedlungsbereichen der Fall. In dem Handlungsfeld besteht keine starke Fachplanung. Auch erfordert der Austausch von Frisch-und Kaltluft zwischen dem Umland und der Stadt mitunter eine Sichtweise, die über die administrativen Grenzen einer Gemeinde hinausgeht. Damit bietet sich für eine entwicklungsorientierte Regionalplanung die Möglichkeit, tätig zu werden.
Im Handlungsfeld Vorbeugender Hochwasserschutz ist die Ausgangssituation grundlegend verschieden. Mit der Wasserwirtschaft besteht hier eine starke Fachplanung, die ihre Handlungen mit der Umsetzung der Hochwasserrisikomanagementrichtlinie auf die raumrelevanten Handlungsfelder Rückhalt von Niederschlagswasser und Minimierung des Schadenspotenzials ausweitet. Bundes- und Landesrecht schaffen hierfür zunehmend die Grundlagen. Sowohl Regionalplanung als auch die Wasserwirtschaft haben aufgrund ihrer räumlichen Abgrenzung, die an administrativen Grenzen orientiert ist, Probleme, Ober- und Unterliegeraspekte im Zusammenhang eines gesamten Flusseinzugsgebietes in den Blick zu nehmen. Großräumige Flusseinzugsgebiete z. B. von Donau, Elbe, Oder und Rhein überschreiten benachbarte Planungsräume, für die § 7 Abs. 3 ROG eine Abstimmung von Raumordnungsplänen vorschreibt. Landes- und Regionalplanung können zu Fragen des Vorbeugenden Hochwasserschutzes gleichwohl einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie mit der Sicherung von Flächen für die Retention und der Verringerung von Schadenspotenzialen vorbeugend Flächen sichern. Damit gehen sie auch über die wasserrechtlichen Vorschriften hinaus. Damit ist die Regionalplanung ein zentraler Akteur, um Konzepte zur Verringerung von Hochwassergefahren umzusetzen.
Die Verringerung der Hochwasserentstehung und -gefahren sind für die Regionalplanung im Vergleich zur Steuerung der Siedlungsentwicklung meist von nachrangiger Bedeutung. Daher beschäftigen sich viele Regionen – insbesondere wenn sie in der jüngeren Vergangenheit nicht von verheerenden Überschwemmungen betroffen waren – meist nicht vertieft mit dem Vorbeugenden Hochwasserschutz. Im Sinne des Vorsorgeauftrags, das heißt der Vermeidung möglicher zukünftiger Katastrophen, sind die Prioritäten zu verändern. Nachfolgende Planungen sollten mit Vorranggebieten Anpassung an Überschwemmung sowohl im Binnenland als auch entlang der Küste dazu verpflichtet werden, den Umgang mit Schadenspotenzialen zu beachten.
Bei der Fortschreibung des Regionalplans und der Integration von Festlegungen zur Klimaanpassung sind neben den strategischen Überlegungen zu den Regelungstatbeständen und ihrer normativen Ausgestaltung auch die verfügbaren Daten zur regionalen Betroffenheit zu berücksichtigen. Belastbare Datengrundlagen sind nicht nur für eine rechtssichere Abgrenzung der Raumordnungsgebiete erforderlich, sondern erhöhen auch im späteren Planvollzug die Überzeugungskraft der regionalplanerischen Argumentation. Dennoch sollte die Regionalplanung bei unsicheren Aussagen zu klimatischen Veränderungen mutiger auf das bestehende Wissen zurückgreifen und ihre Einschätzungsprärogative nutzen.
Das „Methodenhandbuch zur regionalen Klimafolgenbewertung in der Regionalplanung“, das über die Internetseite des BBSR downloadbar ist, bieten einen Überblick möglicher Vorgehensweisen bei Betroffenheitsanalysen. Ist die Regionalplanung in regionale Betroffenheitsanalysen involviert, sollte sie darauf drängen, die mögliche Spannbreite klimatischer Veränderungen mit Szenarien zu berücksichtigen. Auch wenn zu einem Zeitpunkt eine Entscheidung für ein Szenario gefällt wird, dessen Eintrittswahrscheinlichkeit als realistisch angesehen wird, können die Ergebnisse anderer Szenarien für das spätere Handeln hilfreich sein. Zeichnen sich unvorhergesehene Veränderungen bei den klimatischen Parametern ab, liegen bereits Informationsgrundlagen vor, auf deren Grundlage das regionalplanerische Handeln angepasst werden kann. Sind restriktive Festlegungen für bestimmte Flächen in der Zukunft aufgrund geänderter Rahmenbedingungen nicht mehr erforderlich, können sie zurückgenommen werden. Ein solches Vorgehen erhält Entwicklungsoptionen für eine nachhaltige Raumentwicklung.